Bis vor einiger Zeit war Beton nur ein Baustoff: unverzichtbar, funktional und praktisch. In Sachen Design und Gestaltung aber doch nur in der zweiten Reihe. Wer hätte also gedacht, dass es das mineralische Gemisch bei den aktuellen Wandtrends ganz nach vorne schafft. Wenn heute die Rede von Sichtbeton ist, dann ist damit Beton gemeint, der nicht verkleidet wird und nicht nur im Hintergrund als Baustoff dient – vielmehr geht es um Beton, der sichtbar ist und auch ganz bewusst sichtbar bleibt. Beton wird zum optischen Gestaltungsmittel.
Sichtbeton – Was ist damit gemeint?
Was den bautechnischen Anspruch angeht, können Beton als Baustoff und Beton als Designelement nicht immer gleichgesetzt werden. Deshalb kann man unterscheiden zwischen funktionalem Sichtbeton und Sichtbeton, der nur gestalterische Zwecke erfüllt.
Außerdem gilt zu beachten: Wenn von Sichtbeton die Rede ist, geht es in einigen Fällen gar nicht mehr um echten Beton. Wände können mit speziellem Putz in Betonoptik gestaltet werden, ohne dass massive Betonelemente oder Betonplatten als Wandverkleidung eingesetzt werden müssen. Diese Methode eignet sich vor allem dann, wenn eine Wohnung nachträglich den Beton-Look erhalten soll.
Sichtbeton in der Wohnung – Betonoptik durch mineralischen Wandputz
Eine Möglichkeit, Wände in Betonoptik zu gestalten bietet die Sichtbetonmethode auf Basis eines mineralischen Wandputzes. Das heißt, es kommt keine echte Betonwand in die Wohnung, es werden auch keine Betonplatten, Verschalungen oder Wandverkleidungen benötigt. Im folgenden Beispiel wird dies anhand der Materialien und Bearbeitung von Edel und Stein vorgestellt.
1. Mischung Basismaterial und Farbpigmente
Um eine Wand in Sichtbetonoptik zu gestalten, wird zunächst eine Basismasse verwendet. Diese Masse besteht aus mineralischen Rohstoffen wie etwa Kalk, Lehm, Ton, Zement oder Alabastergips. Abhängig von den Inhaltsstoffen ergibt sich die spätere Struktur und Optik der fertigen Wand.
Die Basismasse (auf dem Bild als weißes Pulver zu erkennen) wird mit Farbpigmenten gemischt (auf dem Bild als graue Masse zu erkennen), die dem Putz später die typische Betonfarbe gibt bzw. auch andere Farbtöne wie etwa Rot, Grün oder Blau erzeugen kann, wenn dies gewünscht ist.
Übrigens: Je nach verwendeten Inhaltsstoffen hat die entsprechende Wand später gewisse Eigenschaften, die sogar von schimmelabweisend bis zu geruchsabsorbierend reichen können.
2. Material für die Betonoptik trocken verrühren
Farbpigmente und Basismasse werden zunächst trocken gemischt. Dazu kann ein Rührwerk verwendet werden. Die Menge variiert natürlich je nach Wandfläche, die bearbeitet werden soll.
3. Wasser in einen separaten Eimer füllen
Anschließend wird die Masse mit Wasser verrührt. Dazu sollte die entsprechende Menge an Wasser zunächst in einen separaten Eimer gefüllt werden.
4. Material für Sichtbeton in den Wassereimer einfüllen
Das Mineral-Pigment-Gemisch wird dann dem Wasser zugegeben; nicht umgekehrt, da die Masse sonst womöglich Klumpen bildet.
5. Das Gemisch aus mineralischem Putz mit dem Wasser verrühren
Das Gemisch aus mineralischem Putz und Wasser wird anschließend gut und sorgfältig mit Hilfe eines Rührwerks vermengt.
6. Die Spachtelmasse auf die Wand auftragen
Die Verarbeitung der Spachtelmasse erfolgt dann wie beim Verputzen auch. Zunächst wird die Masse mit einer Traufel auf die Wand aufgetragen. Übergänge, Ränder und Leisten sind sorgfältig abgeklebt und abgedeckt.
7. Spachtelmasse für die Sichtbetonoptik glätten
Für die gewünschte Sichtbetonoptik wird die Spachtelmasse nach dem Auftragen geglättet, sodass eine dünne Schicht der Spachtelmasse die Wand gleichmäßig bedeckt.
8. Folie für die Schalungstafel passend zurechtschneiden
Um die typische Optik von Betonplatten mit Struktur und Stößen an die Wand zu bringen, werden Schalungstafeln aus Kunststoff verwendet, die am feuchten Putz zunächst befestigt und anschließend wieder abgezogen werden. Die Tafeln haben eine Standardgröße, können jedoch auch zurechtgeschnitten werden. Das ist besonders dann sinnvoll, wenn die Fläche der Tafeln nicht deckungsgleich mit der Mauerfläche ist. Wo die Anordnung also am Ende nicht aufgeht, können die Tafeln gekürzt werden.
9. Laser zum Markieren der Plattenstöße
Da die Platten nebeneinander an die Wand gesetzt werden sollen und – je nach Design – auch Stoßfugen zwischen den Platten entstehen sollen, ist es unerlässlich, dass die Kanten im Lot sind. Damit die Platten im Lot angebracht werden und die Stöße später gerade verlaufen, werden die Linien zur Orientierung mit einem Laser an der Wand markiert.
10. Mineralischen Putz vor dem Anbringen der Tafeln vorbereiten
Bevor die Schaltafeln letztendlich angebracht werden, wird die Wand noch einmal bearbeitet.
11. Stöße für die Schaltafeln mit dem Laser an der Wand markieren
An den Übergängen der Platten entsteht eine Fuge, die den Stößen zwischen echten Betonplatten nachempfunden ist. Der Laser wird genau eingestellt und zeigt an, wo die Schaltafeln angebracht werden müssen. Dabei sollte beachtet werden, dass die Schaltafeln an den Rändern überlappend angebracht werden.
Wenn man sehr grobe Betonstöße erreichen möchte, kann man auch auf die Überlappung der Platten verzichten, und Lücken von wenigen Millimetern lassen. An diesen Stellen tritt dann die überschüssige Masse beim Glätten aus und man erreicht sehr grobe Stöße.
12. Für passende Betonoptik die Abdruckfolie genau anbringen
Anschließend wird Tafel für Tafel angebracht. Wie bereits erwähnt: An den Rändern überlappen sich die Tafeln, da Lücken zwischen den Schaltafeln dazu führen würden, dass Spachtelmasse sich in dieser Fuge nach oben drückt und ein nach oben gewölbter Buckel ensteht. Dies würde letztendlich den gegenteiligen Effekt zur gewünschten feinen eingekerbten Fuge darstellen.
13. Folie sorgfältig glätten
Wenn die Plastiktafeln an der Wand angebracht sind, wird die Folie mit einer Kelle angedrückt und glattgestrichen.
14. Die komplette Wand entsprechend und ohne Pause bearbeiten
Auf die beschriebene Art und Weise wird anschließend die komplette Wandfläche bearbeitet, bis alle Bereiche entsprechend abgedeckt sind.
Eine Pause sollte zwischen den Schritten nicht erfolgen, da sich Material und Eigenschaften der Masse ändern können und eine Weiterverarbeitung nicht mehr zu den gewünschten Ergebnissen führt. Die einmal angerührte Masse sollte spätestens innerhalb von 45 Minuten komplett verarbeitet sein.
Bei dieser Arbeit ist es wichtig, mit mehreren Personen und helfenden Händen zusammenzuarbeiten. Das betrifft sowohl den Zeitfaktor als auch die Tatsache, dass mehrere Personen im Zusammenspiel genauer arbeiten können. Eine Erleichterung der Arbeiten kann es darstellen, wenn die Folien bereits vorab auf die benötigten Maße zurecht geschnitten werden. Dies spart bei der Bearbeitung wertvolle Zeit und erhöht die Sorgfalt.
15. Die Folie an den Wänden trocknen lassen
Wenn die Wand komplett bearbeitet ist, werden die angebrachten Schalungsplatten für mehrere Stunden auf der Wand gelassen. In dieser Zeit entsteht die typische Oberflächenstruktur der Wand in Betonoptik.
16. Die Schalungsfolie abziehen
Vorsichtig wird anschließend die Schalungsfolie entfernt. Bei diesem Arbeitsschritt werden lose Partikel aus der Wandfläche mit abgezogen, die an der Folie haften bleiben. An diesen Stellen entstehen die für die Betonwand typischen Löcher und Hohlräume, im Fachjargon Lunker genannt.
Der Putz trocknet anschließend weiter. An den hellen Stellen lässt sich der Unterschied zwischen trockenem und noch feuchtem Putz erkennen.
Nach dem Entfernen der Schalungsfolie lassen sich auch die typischen Stöße in der Wand mit Betonoptik erkennen. Die „unperfekte“ Oberfläche gibt der Wand den nötigen Charme und imitiert perfekt die Optik von echten Betonelementen.
17. Sichtbeton leicht gemacht – So sieht die fertige Wand in Beton-Optik aus
Und so sieht die fertige Wand in Sichtbetonoptik am Ende aus. Die Arbeit hat sich gelohnt und ganz ohne großen Umbau wird aus einer normalen Wandfläche eine ansprechende Betonwand.
Abgerundet wird die Optik durch Details wie Stöße und Lunker, die den industriellen Charme der Wandfläche noch verstärken. Wie die Oberfläche strukturiert sein soll, welche Art von Stößen und Übergängen integriert werden soll und welche Farbe die Betonoptik-Wand haben soll, lässt sich variieren. Viele Hersteller und Firmen bieten spezielle Komponenten-Systeme an, mit denen eine individuelle Mischung hergestellt und an die Wand gebracht werden kann.
18. Prägende Gestaltungsmöglichkeiten mit Blättern oder Wandtattoos für die Wand in Beton Optik
Bei der Gestaltung der Wände in Sichtbeton Optik sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Wer es noch etwas besonderer möchte, der kann z.B. auch flache Elemente wie Blätter, Prägepapier etc. unter die Folie legen. Diese zeichnen sich später exakt auf der Wandoberfläche ab. Auch hochdünne Gestaltungen wie z.B. ein Wandtattoo hinterlassen auf der Wand nach Abnahme der Folie sichtbare Abdrücke. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Wandtattoo Schrift gespiegelt und blasenfrei auf der Schaltafelfolie angebracht wird.
Fest steht: Für ein zufriedenstellendes Ergebnis sollten Sie auf Profis setzen. Malerfirmen und Stuckateure verfügen über die Fähigkeit, das Material und die Routine ein ansprechendes Ergebnis zu erzielen.